Zeit für Narren = Närrische Zeiten

Sodom und Gomorrha!

Sodom und Gomorrha? Aber nein, es sind nur närrische Zeiten ...

Fasching; Foto: © Sylvia Koch Fröhliche Deko

... und zwar

  • Karneval im Rheinland (carne vale = Fleisch adé, Lebewohl)
  • Fastnacht in Mainz, Fasnacht in der Schweiz, Fasnet/Fasnecht im alemannischen Sprachraum, Fasent im Badischen, Fasse in Frankfurt/Main, Foosernachd in Franken, Fastelabend in Pommern (vastnacht= Vorabend des Fasttages, Nacht zum Aschermittwoch)
  • Fasching in Süd- und Südostdeutschland (vaschanc/vastschang = Ausschank des Fastentrunks; Zechen vor dem Fasten)

Es gibt viele Namen, viele Deutungen für die Narreteien. Für die Gelegenheit, einmal im Jahr so richtig auf die Pauke zu hauen, sich zu verkleiden, sich unter Masken versteckt über Mitmenschen, noch lieber über Obrigkeiten lustig zu machen. Und letztmalig vor der Osterfastenzeit ausgiebig zu schlemmen.

Der Fasching ist eine ureigene Erfindung des Christentums. Heiden haben um diese Zeit anderes zu tun, nämlich recht übermütig den Winter auszutreiben und zu besiegen. Dass sich das dabei zelebrierte Lärmbrauchtum mit und ohne Mummenschanz mit dem einen oder anderen Karnevalsritus überlagert, fügt sich allerdings närrisch gut.

Narrenpossen wurden durch den Klerus zu fast allen Zeiten ausdrücklich gefördert, wenngleich die Sittenstrenge niemals nachlassen durfte. Einmal im Jahr war es geboten, das Diesseits mit all seiner Vergänglichkeit auszukosten. Wichtig war das Ausleben einer verkehrten Welt à la Was-wäre-wenn-Spiel: Knechte spielten Herrschaft, Geistliche den Teufel, Gelehrte den Hanswurst. Schelme gingen als Ritter. Nonnen und Mönche verkleideten sich als Unchristliche. Daher gehören Turbane, asiatische Strohhüte und Fezkappen in jeden Kostümfundus. Aus gleichem Grunde der indianische Federschmuck mitsamt dazugehöriger Staffage. Auch wenn sich die Vorlieben immer wieder wandeln – am beliebtesten bleiben die Gewänder der Bösen und Gesetzlosen, der Ausgestoßenen und Verfolgten.

Evangelischen Christen hingegen liegt weniger an der Tollerei, meist verpönen sie dieselbe. Vor diesem religiösen Hintergrund erschließt sich auch die geografische Verteilung der Narrenhochburgen: je strenger katholisch, desto karnevalistischer. Das trifft nicht nur auf Deutschland zu. Wenn wir uns anschauen, wo in der Welt ausgiebig Fasching zelebriert wird, erkennen wir, dass er unbedingt ein katholischer Welthit ist.

Närrisches Brauchtum

Es gibt vielerlei Faschingsbräuche. Sie unterscheiden sich in der Art des Feierns, des Maskierens und des Schabernacks. Darin, ob Umzüge auf Straßen, ob Prunksitzungen oder Tanzbälle stattfinden, sowie in der Dauer der verrückten Tage.

+ + + +    Die Brauchtumsküche in tollen Zeiten gehört freilich auch dazu.    + + + +

Mancherorts beginnt die Faschingszeit bereits am magischen Elften-Elften des Vorjahres, alldieweil die Zahl 11 bedeutungsschwer mit der ausgelassenen Zeit verwoben ist:

  • So, wie die beiden Einsen einander gleichen, symbolisiert die Elf die Gleichheit aller Narren.
  • In der christlichen Religion verweist sie auf Sündhaftes. Es gibt zehn Gebote; die überzählige Elf steht für Überschreitung.
  • Auch das dekadische Zahlensystem stockt vor der Elf.
  • Erst die Zwölf ist wieder eine gefällige, eine anständige Zahl: Sie steht für die genehme Summe an Aposteln, an Monaten und Tierkreiszeichen und geht in die Länge eines Tages, ja überhaupt in die Zeitrechnung ein.
  • Wenn die Uhrzeiger auf 11:11 Uhr stehen, zeigen sie ein schiefes, ein versch(r)obenes Viertelsegment.
  • In Verspottung der Französischen Revolution wurden einst deren Schlagworte Egalité, Liberté und Fraternité auf ihre Anfangsbuchstaben, somit auf ELF reduziert. Und so müssen auch heute immer wieder die drei Buchstaben für Anspielungen auf den Zeitgeist herhalten.

An Martini, am 11.11., beginnt die vorweihnachtliche Fastenzeit, weshalb es hier wie an Fasching nochmals ausgiebig zu schmausen und zu feiern gilt. Alemannisch-Stämmige und Österreicher eröffnen die Fünfte Jahreszeit an Großneujahr. Beim Dreikönigsmahl wurde etwa ab dem 13. Jahrhundert per Los der Freudenkönig bestimmt. Dieser scharte alsbald einen närrischen Hofstaat um sich. Das Los übrigens versteckte sich als Bohne oder Münze im Dreikönigskuchen.

In die Faschingszeit fallen als Höhepunkte

  • der Unsinnige Donnerstag, seitens der Damen gerne zum Weiberfasching auserkoren und der Krawattenindustrie gewidmet,
  • der Rußige oder Kitzelige Freitag und
  • der Gschmalzene (Schmalzige) Samstag.

Die Fastnacht ihrerseits umfasst die sechs Tage vom Lumpigen Donnerstag bis Faschingsdienstag.

Der Karneval, organisiert vom Elferrat, wird ebenso am 11.11. eingeleitet. Sein Höhepunkt ist der Rosenmontag, der seiner Wortherkunft nach weniger stachelig, sondern ein Rasender ist.

Doch egal, wo und wie all die Narren sich ins Getümmel stürzen, am Aschermittwoch ist all das überall vorbei. Zum Zeichen der gefühlten Reue streuen die Tollheiten sich Asche aufs Haupt und Aspirinpulver ins Wasserglas.

Was jedenfalls und ganzjährig bleibt von der närrischen Zeit,

ist der sprachliche Unfug,

den derselbe hervorgebracht hat,

alias Uz und Fez.

Darüber hinaus gehören Streich und Posse, Farce samt Faxen, Firlefanz wie Jux dazu.

zurück zu Jahraus - Jahrein

 
E-Mail
Infos